Sandige Erde, zuerst im Regen getränkt, später durch Sonne und Wind getrocknet. Sanfte Dünen, tiefe Risse und tektonische Verwerfungen entstehen. Dieses Phänomen kennen wir von Wasserpfützen oder ihr findet es auch, wenn ihr ausgetrocknete Menschenhaut unter dem Mikroskop untersucht / in Form von Schuppen und Rhagaden bei ausgetrockneter Menschenhaut (Eczéma craquelé).
Der Künstler hat es grossartig in Marokko entdeckt, mir Fotos geschickt und ein halbes Jahr später waren die Wände und die Böden seines Ateliers mit «Erdenhäuten/Erdenhaut» ausgekleidet. Mit dem aufgebrochenen und durchlässigen Holz steht die Arbeit für die schleichende Verwüstung und die zunehmende Verletzlichkeit all unserer schützenden Hüllen.
Lieber Rochus
Was bedeutet Holz für dich?
Holz ist für mich das ideale Material, um meine inneren und äusseren Geschichten zu erzählen. Dieser Werkstoff lässt sich jederzeit verformen, zersägen und wieder neu zusammenfügen. Zudem ist Holz ein sympathisches Naturmaterial ... ich bilde damit keinen neuen Rohstoff für meine Kunst, sondern ich schiebe lediglich den Verendungsprozess hinaus, indem ich dem Material durch die Kunstform eine «temporäre Neuform» biete.
Zurzeit bist du am Erschaffen eines Wolfsrudels. Warum ist es für dich wichtig, nicht nur den einen «richtigen, einzigartigen» Wolf zu machen? Was bedeutet dir die Gruppe?
Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Pendel zwischen dem Individuum und der Masse, dem intimen Persönlichen und dem Alltäglichen. Ebenfalls interessieren mich Fragen nach dem Original und der Kopie. In diesen Auseinandersetzungen entstehen Gruppen von einigen Exemplaren bis hin zu grossen Raumarbeiten mit 850 Teilen («Dünne Haut», 2014). Einerseits bilde ich das einzelne Original, andererseits interessiert mich mehr die Geschichte, die eine ganze Gruppe erzählt.
So verhält es sich auch mit dem Wolfsrudel. Jedes Objekt im Rudel (8 Wölfe) bildet ein Individuum, mit eigener Hand und Kraft aus dem Holz gehauen. Spannend für mich wird aber die Szenerie in der Masse, Konstellationen, Beziehungen, Kontraste und Dominanzen. In der Masse tritt das Individuum in den Hintergrund; es tritt dann wieder als Individuum auf, wenn man sich mit ihm in konkreten Kontakt begibt. Individuum in der Masse. Je nach Fokus ist das Einzelne ein Objekt in der Masse, aber letztlich ein Individuum, ein Original.
In meinen vielteiligen Arbeiten finde ich es spannend, damit ganze Räume bespielen zu können, auch wenn das Individuum lediglich einige hundert Gramm wiegt. Mit meinen Setzungen bilde ich mit kleinen Volumen grosse Volumen.
Stans, 12. Oktober 2020 Rochus Lussi