Ohne Titel


Olga Titus
http://cargocollective.com/OlgaTitus/
1977, Winterthur

Öl auf Holz mit Klebeband und Filz  27.5 × 32.2 × 7 cm – 2011
Gekauft 2011 bei der Galerie Stephan Witschi.
Teilnehmerin bei der 1. Kunst zu Hause.
Einleitung zum 2. Bild des Monats (2. Newsletter März 2021)


Meine Bildbetrachtung

Der Originalhintergrund des verfremdeten Gemäldes wurde von Olga mit streifigen Bändern beklebt, die an Gitterstäbe erinnern. Die Blüten hat sie mit Filzdekorationen und Plastikimitationen verziert und damit dem Stillleben eine neue Dimension und Freude eingehaucht. Die Pflanzen scheinen doppelt eingesperrt – im Topf und im Bild. Auf Olgas Seite stehend, wirken sie lebendig und strahlend.

Mit einfachen Eingriffen in den klassischen Bildaufbau entsteht eine irritierende Studie. Das Blumenobjekt beginnt, sich vom Grund zu lösen, und fliegt uns entgegen. Ein befreites Naturwunder. Danke Olga!

Die Künstlerin

Kennengelernt habe ich Olga Titus an der Jungkunst 2008.

Sie lebt und arbeitet in Winterthur.

Das ist mein erstes Werk, das ich bei einer Galerie gekauft habe (2011 bei Stephan Witschi).

Olga ist eine Künstlerin in Bewegung. Sie spielt mit ihrer vielfältigen Herkunft. Im beschaulichen Thurgau ist sie als Tochter einer Bündnerin und eines Malaysiers indischer Abstammung aufgewachsen. Sie ist selbst ein Kunstwerk und ihre Kreativität, die Materialien und die Farben sprudeln aus ihr heraus. Nichts ist sicher und alles lebendig. Um die Welt mit ihren Augen zu sehen, empfehle ich, in eines ihrer fantastischen Videos (z.B. Fountain of Existence, 2019) einzutauchen. Berauschend! Seit Neuestem verzaubert sie mit ihren glänzenden und von Hand veränderbaren Paillettenwerken Wände, und Handtaschen von Dior verwandelt sie in einen unwiderstehlichen Luxus (Lady Art Bag by Olga Titus).

Pailletten-Werk im Kunstmuseum Thurgau (Foto: Stefan Rohner)

Pailletten-Werke in der Stalla Madulain (Foto: Stefan Altenburger)

Dior Art Bag by Olga Titus (Foto: Florian Kalotay)

Austausch mit der Künstlerin

Liebe Olga,

Wie gelingen dir diese spielerischen und farbenfrohen Verwandlungen? Was inspiriert dich?

In meinem künstlerischen Schaffen umkreise ich einen Kosmos – eine Galaxie, in der Selbst und Fremdwahrnehmung, biografische Elemente und kulturelle Identität sich in all ihren Facetten widerspiegeln und selbst darstellen. 

Meine Arbeit zeigt sich in variablen Formen und Medien. In der Dichtheit ihrer materiellen Experimentierfreude spiegelt sich der Glanz des schier grenzenlosen Kosmos der Vielfalten auf der Welt wider. 

Deine Ausstellungen sind multimediale Installationen einer Traumwelt (Skulpturen, Paillettenbilder, Videos, Musik). Wie ist es dazu gekommen?

Passend zur Thematik erarbeite ich in den verschiedensten Medien einen treffenden Ausdruck zum Inhalt. In diesem Raum erforsche ich den Begriff der kulturellen Identität. Darin generiere ich neue Geschichten – kreiere neue Kosmen und Bildwelten werden generiert. Durch meinen freien Umgang mit dem Bilderfundus erschaffe ich neue Kontexte und Inhalte. In subjektiv geprägten Narrationssträngen entsteht eine neue Ordnung. 

In meinem Wunsch nach Dichte und Experimentierfreude der Materialien, um einen möglichst ungebändigten, aber umfassenden Kosmos zu erschaffen, entschloss ich mich, weg von Papier/Leinwand und hin zu umfassenderen Installationen zu bewegen. 

Analog/Digital:

Wie beispielsweise die Zoetrop-Arbeiten: «Venus» oder «Rosy Hues» zeigen diese Richtung zur «analogen Rückkehr» auf.

Aus der Entwicklung einer Übertragung solcher digitalen Bildwelten in eine analoge Welt entstand auch meine neue Arbeit: Paillettenbilder.

Wie in einem «Paralleluniversum» (zu meinen Videoinstallationen) transferieren auch die Paillettenbilder die Idee von einem «Third Space» – dem Raum dazwischen. Mittels ihrer sprichwörtlichen «Doppelseitigkeit» verbinde ich verschiedene Welten und erzeuge dadurch einen neuen Raum. Die Bilder evozieren einen Zustand der Dualität durch eine synchrone Verschmelzung beider Seiten/Pole/Kulturen/Welten. In ihrer Interaktivität werden die Betrachter/Besucher zu einem partizipativen Teil des Kunstwerks und können dieses sich ständig wandelnde Werk mit beeinflussen. 

Die Paillettenbilder sind ganz bewusst in einem stetigen Fluss – in Bewegung. Sie befinden sich im Austausch / in Beziehung/Interaktion mit dem Betrachter, der über die Möglichkeit verfügt, das Bild zu verändern. Somit ermächtige ich den Betrachter. Es geht auch um Kontrollverlust – eben auch einen «fertigen Moment» zu verlieren.


Weitere Werke von der Künstlerin in der Sammlung

Ohne Titel, 2015, Gemälde mit Ölmalerei und mit Faden gestickt, 62.5 × 47.2 × 7 cm

Skelett und Blumen, 2012, Gemälde mit Ölmalerei und mit Faden gestickt, 39.2 × 47 × 7.3 cm (Das Werk hat im Rahmen eine eingebaute Lampe und kann von hinten beleuchtet werden.)
Skelett und Blumen (mit Hintergrundbeleuchtung)
Skelett und Blumen (mit Hintergrundbeleuchtung im Dunkeln),

Girl, 2006, Lackfarben auf Metallblech, 24,5 × 31,5 cm

Ideal Boy, 2006, Lackfarben auf Metallblech, 24.7 × 31.3 cm