Speedos


Chrissy Angliker
https://chrissy.ch
1983, Winterthur

Acryl auf Leinwand – 122 × 152.5 cm – 2015
Gerahmt von bilderrahmen-rehalp.ch
Erworben von meinem Freund Olivier Neidhart, der ein tolles Buch über Chrissy gemacht hat.
Einleitung zum 1. Bild des Monats (1. Newsletter Februar 2021)


Die Künstlerin

Kennengelernt haben ich Sie 2011 an der Jungkunst. Schätzen gelernt aber erst 2015. Sie lebt und arbeitet in Brooklyn (New York City).

Chrissy Angliker pinselt, spachtelt und knetet die Farben kübelweise und über mehrere Tage hinweg flächig, punktuell oder fliessend auf die Leinwand, bis dreidimensionale und vielschichtige Werke entstehen. Sie ist zierlich gebaut, trotzdem sind ihre Arbeiten mehrere Kilogramm schwer.

Von Nahem erkennt man einen intuitiven, gefühlsgetriebenen Prozess, der tastend ergründet werden kann. Die Pracht zeigt sich erst aus der Ferne und man erkennt konturenhaft Menschen und Objekte, geborgen und doch irgendwie verloren in ihrer Welt. Die Bilder sind kreative Kraftakte von grösster Ehrlichkeit. Wer das Glück hat, mit ihr über Kunst sprechen zu können, spürt ihr wundervolles Herz, das sie eindringlich/triebhaft und neugierig auf die Leinwand bringt/zaubert.


Meine Bildbetrachtung

Die Bildbetrachtung ist ein Gang durch die Dimensionen. Aus der Ferne erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass es sich um eine Strandszene handelt. Unweigerlich zieht einen die Leinwand an und man will die Details erforschen, um zu verstehen, wie es der Künstlerin hier gelingt, ein solch aufregendes Gemälde zu schaffen.

Der Ausschnitt ist so gewählt, dass die Szene sich irgendwo abspielen könnte. Es zeigen sich möglichst unbekleidete «Weisse», die sich ohne Hüte und Sonnenschirme zum Sonnen- und Wasserbaden zusammengefunden haben.

Dieses Spiel mit Nähe und Ferne ist faszinierend. Warum suchen wir die Nähe zu anderen Menschen in der Ferne? Warum am und im Wasser, obwohl wir keine Meereslebewesen sind? Was glauben wir in einem Meer von Menschen zu finden? Warum wollen wir braun werden? Je mehr man im Bild nach unten rechts geht, desto unwirklicher, zerfliessender und zerstörerischer wird der Akt.

«Speedos» heisst das Werk wegen des Mannes in der unteren Bildmitte, der eine rote Badehose trägt.


Austausch mit der Künstlerin

What was going on inside you while creating this work?

The beach and what it do to people is an endless source of inspiration to me. We shed part of our human personas and become more primal, animalistic and wild at the water,s edge. It’s a bunch of people half naked baking in the sun. Conversations by the water feel deeper. The world ends at the shore and another world begins. It’s wild. 

Why do you use the colors like that?

I painted this painting with a method where the acrylic paint is watered down so that every time I make a mark it will drip at the same time. And I paint very fast. I’m in dialogue with the paint. It’s a study in finding balance between control and chaos between the two of us. When I paint I want the process of painting to feel how I feel about the subject matter. Once a painting captures that feeling then the painting is done. Here it's hectic, chaotic, wild and free.

Übersetzung EN-DE

Was ist beim Erschaffen dieses Werkes in dir vorgegangen?

Der Strand und das, was er mit den Menschen macht, ist für mich eine endlose Quelle der Inspiration. Wir legen einen Teil unserer menschlichen Persönlichkeit ab und werden am Wasser ursprünglicher, animalischer und wilder. Es ist ein Haufen von Menschen, die halbnackt in der Sonne braten. Gespräche am Wasser fühlen sich tiefer an. Die Welt endet am Ufer und eine andere Welt beginnt. Es ist wild.

Warum setzt du die Farben so ein?

Ich habe dieses Bild mit einer Methode gemalt, bei der die Acrylfarbe verwässert wird, sodass sie jedes Mal, wenn ich sie auftrage, gleichzeitig tropft. Und ich male sehr schnell. Ich stehe im Dialog mit der Farbe. Es ist eine Studie über das Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Chaos zwischen uns beiden. Wenn ich male, möchte ich, dass der Prozess des Malens das Gefühl vermittelt, das ich für das jeweilige Thema empfinde. Wenn ein Bild dieses Gefühl einfängt, dann ist das Bild fertig. Hier ist es hektisch, chaotisch, wild und frei.


Weitere Werke der Künstlerin in der Sammlung

New York saying her name, 2020, Acrylic on canvas, 41 x 51cm. (Black Lives Matter-Proteste am 23. September 2020 in New York nach Urteilsverkündung im Fall Breonna Taylor, die im März starb und zu einem Symbol der Bewegung gegen Rassismus wurde.)
New York saying her name – Acrylic on canvas – 41 x 51cm – 2020

Sage Mountain – Acrylic on Canvas – – 2018
The Blues
Goldenhour III – 2019
Little dessert pool – 2018
Sentinels – Acrylic and house primer on canvas – 101.6 x 76.2 cm – 2021